Warum wir gestern vor dem Potsdamer Rathaus demonstriert haben

In den letzten Jahren war das Heim in Potsdam ein Modell, dafür wie die Unterbringung von Flüchtlingen verbessert werden kann. Jede Familie hat ihr eigenes Apartment im Heim und zwei einzelne Personen teilen sich ein Apartment. Die Mitarbeiterinnen im Heim sind in der Regel sehr unterstützend, zum Beispiel unterstützen sie Flüchtlinge mit Anträgen für Wohnungen. *Potsdam als Hauptstadt des Landes Brandenburg diente auch als positives Beispiel zu Integration für die anderen Bezirke, weil hier Flüchtlingen die Möglichkeit gegeben wird, Deutsch zu lernen.
Letztes Jahr wurde ein zweites Heim, nur für Frauen, eröffnet. In diesem neuen Heim scheint die Atmosphäre anders zu sein. Frauen, die dort leben beschweren sich über strenge Regeln. Zum Beispiel wird es ihnen nicht erlaubt, Privatbesucher haben und sie werden unter Druck gesetzt, um 8.30 abends zu Hause zu sein, als ob sie Teenager wären.
Aber heute ist die Situation noch schlimmer geworden. Die Stadt Potsdam plant, ein drittes Heim zu eröffnen. Nein! Was sie jetzt planen ist kein Heim. Sie planen, uns in Containern im Industriegebiet zu lagern wie Waren. Das wird ein „Lager“ sein.
Für uns Flüchtlingsfrauen – die in Women in Exile kämpfen ist dies nicht akzeptabel. Aus unserer Erfahrung mit dem Leben in verschiedenen Lagern in Brandenburg, wissen wir, wie es sich anfühlt in einem Lager zu leben. Gewalt und Angriffe treten häufig auf, wo Machtunterschiede bestehen. Da die Frauen sowohl von rassistischer als auch von sexistischer Unterdrückung betroffen sind, ist es unverantwortlich, dies durch weitere Abhängigkeiten, die durch ein Leben in Sammelunterkünften entstehen, zu verstärken.
In Lagern fühlen wir uns diskriminiert und von der Gesellschaft abgeschnitten. Die Entscheidung, uns Flüchtlingsfrauen in abgelegenen Sammelunterkünften unterzubringen, macht uns zum Objekt stereotyper Zuschreibungen. Wir sind konfrontiert mit der Überzeugung von Männern, die Flüchtlingsfrauen an diesem Ort seien Frauen, die ihnen zu Verfügung stehen und wir werden durch ihre respektlosen Angebote diskriminiert und belästigt.
Deshalb fordern wir: Frauen raus aus diesen Lagern! Abschaffung aller Lager!

In Potsdam tun die Entscheidungsträger der Stadt so, als ob sie daran interessiert seien, gute Gastgeber für Flüchtlingen und Migrantinnen zu sein, und sie beteuern ihr Bestes zu tun, um Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen. Es scheint, als ob sie es nicht schaffen, Wohnungen für Flüchtlinge zu finden, weil sie mit einem Mangel an Wohnraum konfrontiert sind und der Immobilienmarkt sehr teuer geworden ist, nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für gewöhnliche Menschen. Das mag stimmen, aber warum bauen sie dann keine neuen Häuser, statt einem neuen Schloss?
Und auf der anderen Seite, haben sie ein neues Verfahren entwickelt, das es sehr schwierig für Flüchtlinge macht , eine Wohnung zu bekommen. Bevor Flüchtlinge aus dem Heim ausziehen dürfen, müssen sie ein Prüfungsverfahren durchlaufen, um nachzuweisen, dass sie in der Lage sind , in eigenen Wohnungen zu leben. Dieses Prüfungsverfahren umfasst spezielle Interviews mit dem Sozialamt und der Ausländerbehörde.
Nur wenn die Mitarbeiter dieser Institutionen sie fit für das Leben in eigenen Wohnungen hält , fit dafür eine Privatsphäre zu haben, bekommen sie die Chance aus dem Lager auszuziehen.
Ist das Integration oder Diskriminierung? Das ist Diskriminierung. Wir haben Kontinente und Meere durchquert und sie prüfen, ob wir in der Lage sind, in unseren eigenen Wohnungen zu leben? Wir haben gegen Verfolgung und Diktaturen gekämpft und sie bezweifeln, dass wir in der Lage sind, unser eigenes Leben zu organisieren! Natürlich brauchen wir Unterstützung, wir sind in einem fremden Land, aber sie geben uns Prüfungen statt Unterstützung.
Aus unserer Erfahrung in Potsdam wissen wir, dass ihre Absichten gut sind. Deshalb appellieren wir an die Entscheidungsträger Potsdams, diese Verfahren abzuschaffen und Flüchtlingen zu erlauben, aus den so genannten Heimen auszuziehen, wann immer sie wollen.
Gleichzeitig appellieren wir an die Entscheidungsträger, uns nicht in Container zu stecken! Sie können die 1,5 Millionen Euro, die sie für diese Container einplanen, verwenden um wirksame Mittel zu finden, uns in Wohnungen unterzubringen. Zum Beispiel, Immobilienmakler oder SozialarbeiterInnen bezahlen, die uns helfen, Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt zu finden.

Deshalb fordern wir euch alle auf, mit uns gemeinsam zu protestieren.
Nein zu Containern!! Nein zu Lagern für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!!