Gleiche Rechte für alle! Brandenburger Flüchtlinge in Solidarität mit dem „Refugee Protest March to Berlin“

Memorandum der Flüchtlingsselbstorganisationen
(FSO aus Brandenburg)
WOMEN IN EXILE
FLÜCHTLINGSINITIATIVE BERLIN-BRANDENBURG
MIGRANTS WORLD
REFUGEES EMANCIPATION
am 05.10.2012 im Landestag des landes Brandenburg

Im Rahmen des Kampes gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland durch die Bewegung “Refugee Protest Marsch to Berlin” wollen wir, die selbstorganisierten Brandenburger Flüchtlingsorganisationen, einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in unserem Bundesland leisten. Wir wollen dem Parlament unseren Wut und unsere Missbilligung mitteilen und die zahlreichen Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, die Flüchtlinge hier tagtäglich erleben, anprangern. Deutschland hat die ALLGEMEINE ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE von Dezember 1948 und sogar andere wichtige internationale Texte wie die Genfer Flüchtlingskonvention, ratifiziert. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte definiert die Achtung der Menschenrechte weltweit. Es ist leider furchtbar festzustellen, dass Deutschland im Rahmen seiner Asylpolitik Menschenrechte systematisch verletzt.

Wir wollen entschlossen unsere Grundrechte als Menschen geltend machen und Sie auf die folgenden Schwerpunkte unseres Lebens, die manche Ausländerbehörden lähmen, aufmerksam machen:
1. RESIDENZPFLICHT
Asylbewerber werden noch von Ausländerbehörden gezwungen, ihre Landkreise nicht zu verlassen. Das ist eine Verletzung der Bewegungsfreiheit.
Als Beispiel wurde ein Flüchtling in Rathenow von Nazis angegriffen, er ist seither traumatisiert und möchte nach Berlin umziehen. Die Ausländerbehörde weigert sich trotzdem ihn sein Transfer nach Berlin zu genehmigen.
Im Gegensatz zu dem, was die Politiker behaupten, ist die Residenzpflicht zwischen Berlin und Brandenburg nicht wirklich abgeschafft worden. Die Ausländerpolizei regiert das Leben dieser Menschen. Die Flüchtlinge werden auf Basis ihres unterschiedlichen Status unterschiedlich behandelt:
 Erstens, die Behandlung der Gestatteten: In manchen Landkreisen muss die Ausländerpolizei immer noch um eine permanente Erlaubnis für Berlin gebeten werden, wenn jemand nach Berlin fahren möchte. Dabei bleibt oft unklar, welche Entscheidungskompetenzen die Behörde hat: Es scheint, als ob sie die Erlaubnis auf die Aufenthaltsdauer in Berlin beschränken oder sie einfach ablehnen könnte.
 Zweitens, die Behandlung der Geduldeten: In der Tat, ist es wesentlich schwieriger für Menschen mit diesem Status eine Erlaubnis zu erhalten.

Wir fordern die Abschaffung der Residenzpflicht, nicht nur in Berlin-Brandenburg, sondern in ganz Deutschland. Asylbewerber müssen die Möglichkeit haben, einen Landkreis zu verlassen, um in einem anderen zu leben, damit ihre Lebensbedingungen verbessert werden können. Dies gilt zum Beispiel für Lebensbereiche wie Ausbildung, Integration, usw.

2- WOHNUNGSPOLITIK:
Asylbewerber sollen über 5 km zu Fuß zurücklegen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens, wie Einkäufe, den Besuch eines Internetcafes und sonstige Sachen, zu erledigen. Es ist ein schrecklicher Weg, Asylbewerber zu isolieren und von der deutschen Gesellschaft auszuschließen, da sie dadurch auch oft als Kriminelle betrachtet werden. Integration ist ein Prinzip, dass nicht nur gepredigt, sondern auch in die Tat umgesetzt werden soll.
Die Unterbringung in Sammelunterkünften stellt eine Missachtung der Rechte der Flüchtlingsfrauen und ihrer Kinder dar! Die Atmosphäre in Heimen schadet besonders Frauen und Kindern wegen unwürdiger hygienischen Bedingungen und des Lärms nachts, was insbesondere für die Kinder belastend ist. Die Lebenssituation von Frauen und Kindern in Sammelunterkünften ist unhaltbar.
Wir fordern die Schließung aller Asylheime und die Unterbringung in Wohnungen!!

3- GUTSCHEINE:
Es ist sehr bedauerlich, dass nach der Abschaffung der Gutscheine in den meisten Landkreisen im Bundesland Brandenburg, manche Landkreise, wie Oberhavel (Hennigsdorf) unter Missachtung der Beschlüsse der lokalen Parlamente weiterhin Gutscheine ausgeben. Diese Situation ist sehr beklagenswert, weil in den Supermärkten auf Asylbewerber mit dem Finger gezeigt wird und wir nur bestimmte Dinge kaufen dürfen, was uns sehr beschränkt.
Wir fordern, dass der Landtag Druck auf diese Landkreise ausübt, wo Gutscheine noch auf der Tagesordnung stehen, um diese diskriminierenden Maßnahmen komplett abzuschaffen.
4- ABSCHIEBUNG:
Unser Glaubenssatz ist hauptsächlich: “ Kein Mensch ist illegal”. Asylbewerber fühlen sich aus unterschiedlichen Gründen in ihren Herkunftsländern in Gefahr, sie suchen in Deutschland Schutz und Hoffnung. Auf ihre Menschlichkeit muss Rücksicht genommen werden. Anstatt ihnen Hoffnung zu geben, schieben die Deutschen Behörden sie grausam und hinterlistig ab. Viele von uns, die schon seit vielen Jahren in Deutschland gelebt haben, werden mit der Komplizenschaft von Botschaften willkürlich und unangemessen abgeschoben. Zum Beispiel wird die Nigerianische Botschaft von der deutschen Regierung bestochen, damit manche Afrikaner als Nigerianer anerkannt werden. Das ist ein erstaunliches Paradox, da Deutschland sich als Land der Menschenrechte und der Transparenz vorgibt.
Wir fordern ein Ende dieser Unmenschlichkeit und Bosheit und verlangen die Einstellung der Abschiebungen.

5. AUFENTHALT
VERBOT VON STUDIUM UND ARBEIT:
Das Verbot von Studium und Arbeit stellt offensichtlich schreckliche Verstöße im Hinblick auf die Entfaltung unserer Menschlichkeit und unserer Potenziale dar und steht im Widerspruch zu Integration in Deutschland. Arbeit und Lernen sind Teile der sozialökonomischen Grundrechte des Menschenrechtensystems. Artikel 13 des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen widmet sich diesen beiden Grundrechten. Wie kommt es dann, dass in Deutschland Menschen unter dem Verbot von solchen Grundrechte leiden?

FAMILIENSTAND
Nach der Geburt eines Kindes oder wenn wir eine/n Deutschen heiraten wollen und uns folglich ein Aufenthaltstitel zusteht, machen die Ausländerbehörden aus Brandenburg Gebrauch von zahlreichen bürokratischen Mitteln um das zu verhindern.
Wir fordern Zugang zu Arbeit und Bildung und ein Ende dieser Bürokratie!!

6- GESUNDHEIT
Asylbewerbern werden Krankenscheine auf dem Sozialamt ausgestellt und zu Ärzten geschickt, die vom Sozialamt ausgewählt werden. Nur von diesen Ärzten werden sie zu Fachärzten schicken. Mangels guter Sprachkenntnisse werden Sie von Zeit zu Zeit unpassend behandelt. Besonders besorgniserregend ist die Gesundheitsversorgung der Kinder.
Wir fordern die gleiche Krankenversicherung wie alle anderen BürgerInnen!!!

Abschließend wollen wir durch dieses Memorandum unter Berufung auf die menschenrechtlichen Prinzipien Sie aufzufordern, die Situation der Brandenburger Flüchtlinge, insbesondere auf die unterschiedlichen oben aufgeführten Lebensbereiche nochmals zu prüfen, und durch wirksame und konkrete Maßnahmen zu verbessern. Wir wollen auch ehrlich erkennen, dass einige Veränderungen bereits teilweise erfolgt sind, aber diese nicht menschenrechtsmäßig genug ist. Es ist an der Zeit, einen zusätzlichen Schritt auf dem weg der Humanisierung der Asylpolitik in Deutschland zu machen. Wir würden gerne so früh wie möglich praktische Verbesserungen sehen. Wir vertrauen auf Ihr Verständnis und verlassen uns auf ihren Sinn für Gerechtigkeit.
Ansonsten denken wir, dass die Neonazis diese schlechten Lebensbedingungen der Flüchtlinge ausnutzen, um ihre unvorstellbare Barbarei zu rechtfertigen und Fremdenhass zu verschärfen. Wir schätzen, dass die Situation anders wäre, wenn die Flüchtlinge Anspruch auf Arbeit, Studium, Freizügigkeit zur Verwirklichung der Integration auf konkreter Weise hätten. Mit einer Verbesserung unserer Lebensbedingungen, die uns unabhängig von der deutschen Regierung machen werden, wird die Pro-Nazi-Tendenz beachtlich abgemildert werden und sogar in der Zukunft zusammenbrechen.
Zum Schluss bitten wir, die Flüchtlingsselbstorganisationen (FSO) um eine Zusammenkunft, ein Treffen mit den Brandenburger Abgeordneten. Da wir als langwierige KämpferInnen der Flüchtlingsrechte in Brandenburg sind, verfügen wir über Erfahrung als Flüchtlinge und möchten mit Ihnen über Perspektive öffnende Maßnahmen von Seiten der Flüchtlinge besprechen. Mit der Hoffnung auf eine positive Antwort und Reaktion auf unsere legitimen Beschwerden, bedanken wir uns im Voraus und stehen Ihnen bei weiteren Fragen gerne zur Verfügung.

Unterzeichnete
FLÜCHTLINGSINITIATIVE BERLIN-BRANDENBURG (FIBB)
WOMEN IN EXILE (WIE)
MIGRANTS WORLD
REFUGEES EMANCIPATION e.V.


2 Antworten auf „Gleiche Rechte für alle! Brandenburger Flüchtlinge in Solidarität mit dem „Refugee Protest March to Berlin““


  1. 1 Memorandum der Brandenburger Flüchtlingsselbstorganisationen « Flüchtlingsrat Brandenburg Pingback am 08. Oktober 2012 um 11:40 Uhr
  2. 2 Endlich raus aus dem ‘Heim’ – Lösungsvorschläge für die Unterbringung von Flüchtlingen « Flüchtlingsrat Brandenburg Pingback am 25. Oktober 2012 um 20:08 Uhr
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