Wir haben ein „Frauencafé“ in Eisenhüttenstadt organisiert, nachdem Barnim für Alle zu einem Lagerbesuch in Eisenhüttenstadt aufgerufen hatte. Die evangelische Kirchengemeinde war so freundlich, uns dafür einen Raum zur Verfügung zu stellen.
Es war nicht möglich, das Lager zu betreten. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist das Lager für Besuchende geschlossen. Der Sicherheitsdienst am Tor sagte, wir könnten nur die Leute, die wir besuchen wollten, anrufen, damit sie nach draußen kommen.
Das war nicht einfach, aber es gelang uns, etwa 8 Frauen zu treffen, die seit 2 Tagen, einigen Wochen und einige seit mehr als drei Monaten im Lager leben. Eine junge Frau aus Afghanistan erzählte uns, sie sei seit drei Monaten im Lager und warte auf eine Verlegung. Sie erzählte uns, dass das Lager überfüllt ist. Wir sahen Zelte durch den Zaun und hörten von der Wiedereröffnung des ehemaligen Abschiebegefängnisses für Schlafplätze. Sie erzählte uns, dass mehr als 40 Personen in Quarantäne sind, und dass einige von ihnen nach 14 Tagen in Orte wie Bamberg oder München verlegt werden. Das sind die Ankerzentren, die wir bei unserer Sommertour 2016 besucht haben. Wir können uns also vorstellen, wie die Lebensbedingungen dort sind.
An unserem Treffen in der Kirche nahmen 8 Frauen aus dem Lager teil, von denen die Hälfte über die neue Route Weißrussland/Polen gekommen war. Sie waren froh, dass sie jetzt einen warmen Schlafplatz und medizinische Versorgung haben. Die meisten von ihnen waren auf dem Weg traumatisiert. Sie waren in verschiedenen Ländern inhaftiert, wurden hin- und hergeschoben und auf vielfältige Weise gedemütigt, bevor sie Deutschland erreichen konnten. Hier erwarten sie Frieden und Würde. Sie sind nicht nur dabei, die Wunden zu heilen, sondern machen sich auch große Sorgen um die Zukunft.
Eine Frau erzählte uns, dass sie während der Quarantäne ein Zimmer mit zwei anderen Frauen teilte. Sie blieben drei Tage lang dort, mit einer Toilette, aber ohne Bad. Dann wurde eine Frau mit zwei Kindern in ihr Zimmer gebracht. Nach zwei Tagen wurden sie von den Behörden in das ehemalige Abschiebegefängnis verlegt, mit der Begründung, sie hätten Kontakt zu jemandem gehabt, der positiv auf Corona getestet worden sei. Im ehemaligen Abschiebegefängnis waren sie die einzigen Frauen. Niemand kümmerte sich um ihre Bedürfnisse. Sie hatten weder Toilettenpapier noch Binden und mussten Handtücher als Bindenersatz benutzen. Nach einer Woche in diesem Gebäude kamen die Mitarbeiter des Roten Kreuzes und brachten Rasiersets für die Männer. Dies war das erste Mal, dass man feststellte, dass es in dem Gebäude auch Frauen gab, denen es an den notwendigen Dingen fehlte.
Warum passiert so etwas in einem reichen Land wie Deutschland? Einem Land, das über alle Mittel verfügt, um den Zufluchtsuchenden solch chaotisches und unnötiges Leid zu ersparen? Diese Menschen verließen ihre Länder aufgrund von Problemen, die direkt oder indirekt von den Industrienationen geschaffen wurden. Der Kapitalismus hat den gesamten Reichtum unserer Erde geplündert. Die Regierungen der reichen Industrienationen sollten die Verantwortung für die Folgen ihrer Ausplünderung übernehmen.