Bericht: No Borders, No Lagers: Intersektionales Kunst- und Kulturfestival

Diesen Sommer veranstalteten wir ein nationales und internationales Event auf dem Oranienplatz in Berlin, Deutschland. Das dreitägige Festival mit dem Motto „Keine Grenzen, Keine Lager, Intersektionales Kunst- und Kulturfestival“ fand vom 23. bis 25. August statt. Beide Seiten des Oranienplatzes wurden von Geflüchteten und Menschen ohne Fluchthintergrund aus verschiedenen Teilen Deutschlands besetzt. Es gab auch internationale Gäste aus verschiedenen Teilen der Welt, von denen einige als Moderator*innen einiger Workshops fungierten.

Der gesamte Platz war wunderschön mit einer Bühne, Bannern und Zelten dekoriert. Es gab Workshops, kreative Aktivitäten, Kunstausstellungen,

Podiumsdiskussionen und ein Archiv der Arbeit von „Women in Exile“. Unter unserem Motto „Grenzen durchbrechen, um Brücken zu bauen“ brachte das Festival antirassistische, queere, feministische und antikoloniale Gruppen zusammen, die a ktiv an der Organisation mitwirkten und/oder sich in verschiedenen Rollen und Aufgaben engagierten.

Auf diese Weise kamen durch die Kraft der Kunst und Kultur internationale und lokale Aktivist*innen sowie Künstler*innen zusammen, um Vielfalt zu feiern, Verständnis zu fördern und sich gegenseitig zu stärken. Dies auf eine künstlerische, kreative und stärkende Weise zu tun, ist gerade jetzt besonders wichtig, da Rassismus, Queerfeindlichkeit und Sexismus zunehmen und neue diskriminierende Gesetze gegen Geflüchtete erlassen werden.

Das Ergebnis ist eine Politik, die zunehmend Isolation, Abschiebung und ungleiche Behandlung fördert, anstatt die Menschenrechte zu wahren. Beispiele dafür sind die GEAS-Reform, das sogenannte „Gesetz zur

Verbesserung der Abschiebungen“ und die Einführung der diskriminierenden Zahlungskarte. Darüber hinaus sind LGBTINQ*+ Geflüchtete, Frauen* und Kinder weiterhin gezwungen, unter unmenschlichen Bedingungen in Lagern zu leben. Das vielfältige Programm des Festivals war ein kraftvolles Statement gegen diese Politik der Ungleichheit und Diskriminierung.

Diese Aspekte wurden auch in zwei Podiumsdiskussionen thematisiert, in denen nationale und internationale Aktivist*innen vertreten waren. Zu den gemeinsamen Fragen gehörten unter anderem:

  • Erkennen wir, dass der feministische Kampf gegen Unterdrückung gespalten ist?
  • Spielt es eine Rolle, ob die Frauen* aus unterschiedlichen Religionen oder Kulturen kommen?
  • Pflegen wir als politische Aktivist*innen rassistisches Wissen?

Der Workshop „Future Imaginations“ wurde von Delegierten aus dem Senegal präsentiert, mit dem Ziel, eine zukünftige Stadt zu entwerfen, in der die Teilnehmer*innen leben möchten. Mit künstlerischer Kreativität wurde versucht, „über den Tellerrand hinauszudenken“ und die Grenzen unserer Vorstellungskraft zu erweitern, um neue mögliche Zukünfte zu gestalten.

Drei Gruppen entwickelten Ideen für drei verschiedene Städte: Die erste Gruppe entwarf eine Stadt am Meer mit Energieversorgung und verschiedenen sozialen Einrichtungen.

Die zweite Gruppe entschied sich für eine Stadt mit kleinen und modularen Nachbarschaften. Die Idee war, dass man überall zu Fuß hin gelangen kann, mit mobilen Häusern, die je nach den Bedürfnissen der Bewohner*innen umgezogen werden können. Natur spielte eine wichtige Rolle, daher gab es einen Wald und einen Fluss. Ein Kulturzentrum als multifunktionaler Raum für verschiedene Aktivitäten, Konzerte usw. In dieser Stadt sollten keine Autos oder Fahrzeuge vorhanden sein, außer für

gemeinschaftliche Zwecke, bei denen ein Auto oder Boot für den Transport genutzt wird; ansonsten sollten Fahrräder genutzt werden. Öffentliche Dienstleistungen wie Krankenhäuser, Schulen und Bibliotheken wären in dieser Stadt gebündelt.

Die dritte Gruppe entwickelte eine genderneutrale grüne Stadt mit ähnlichen sozialen Einrichtungen wie die zweite Gruppe, jedoch ohne Autos, dafür mit Fahrradwegen und Wasserstraßen. Elektrizität würde durch Solarpaneele erzeugt, und die Natur würde eine wichtige Rolle spielen.

Die Delegation aus der Dominikanischen Republik teilte in einer Gesprächsrunde ihre persönlichen und kollektiven Erfahrungen sowie Details zu den kreativen und aktiven Prozessen von Straßenkunstinterventionen in der Dominikanischen Republik und der Schwarzen Populären Perkussion. Sie sprachen über „La Salve“ und „Los Palos“ und die polizeiliche/Staatsrepression gegen schwarze spirituelle Straßenkunstausdrücke. Sie erläuterten die allgemeinen Schritte des Prozesses, sodass andere Kollektive damit experimentieren und auch Informationen über die Risiken, Vorteile und Grenzen dieser Aktionen teilen können.

Während der Abschlusszeremonie und auch beim Gedenken an das Leben von Sulti, einer Aktivist*in der Oplatz-Bewegung, hatte das gesamte Festival die Möglichkeit, ihrer traditionellen Trommelmusik zu lauschen.

Das Netzwerk gegen Femizid – Präsentation des kurdischen Frauenbüros für Frieden

Das kurdische Frauenbüro stellte die Arbeit und Struktur des Netzwerks gegen Femizide vor. Sie analysierten die Rolle und Funktion von Femizid, der dazu genutzt wird, alle Frauen zu unterdrücken. Die Gäste berichteten auch über den Kampf kurdischer Frauen, die sich organisieren und gegen Krieg, Gewalt und Femizid kämpfen.

Indigene Interventionen für Klimagerechtigkeit als wirtschaftliche Stärkung für Frauen* – Präsentation von IMPACT Kenya

Aktivistinnen aus einer Region von Pastoralistinnen in Kenia berichteten über die Situation von Frauen in dieser Region. Der Klimawandel, Dürren und verendendes Vieh beeinflussen ihr Leben stark. Sie unterstützen Frauen und Mädchen dabei, Bildung zu erhalten und kleine Geschäfte zu gründen, wie zum Beispiel das Auffädeln von Perlen und den Verkauf ihrer Produkte. Frauen aus verschiedenen Regionen Kenias waren Teil des Publikums, zeigten großes Interesse, stellten Fragen und teilten ihre Erfahrungen.

Workshop zur Sensibilisierung und Stärkung der LGBTIQ+-Community, geleitet von Yusa, einer queeren Künstlerin, Tänzerin und Migrantin aus Südamerika.

Der Workshop war praxisorientiert und ermöglichte es den Teilnehmenden, ihre Identitäten durch Tanzübungen und Somatik zu erforschen, die eine Verbindung zum eigenen Körper herstellen. Die Teilnehmer*innen erfuhren, wie diese Aspekte dazu beitragen können, die eigenen Empfindungen zu erweitern und zu verstärken sowie die eigene Subjektivität und Erfahrung als queere Menschen wertzuschätzen. Ziel des Workshops war es außerdem, einen Raum zu schaffen, in dem die Teilnehmenden ihre Erfahrungen austauschen und ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln konnten, um gemeinsame und individuelle Erfahrungen zu reflektieren.

KOP (Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt) setzt sich gegen institutionellen Rassismus und Racial Profiling, insbesondere bei der Polizeipraxis, ein und unterstützt die Opfer. In einem Workshop wurden Strategien zur Abschaffung z.B. durch Druck auf die Polizei, Konfrontationen bei Bedarf, Kampagnen für die Opfer, Dokumentation sowie Aufklärung der Betroffenen vermittelt. Es wurden auch Möglichkeiten des Widerstands mit den Teilnehmer*innen geteilt sowie die Vorsichtsmaßnahmen, die nötig sind, wenn Menschen ins rassistische Raster polizeilicher Gewalt geraten. Zudem organisiert die KOP-Gruppe Solidaritätspartys und Konzerte, um Gelder für den Rechtshilfefonds zu sammeln.

Persönliche Erfahrungen wurden geteilt, darunter eine, bei der solidarische Handlungen in Frankreich darin bestehen, dass Menschen mit Papieren ohne diese auf Demos gehen. KOP empfahl die Webseite „ www.gofilmthepolice.de “.

Hane Marie aus Senegal/Frankreich hielt einen Vortrag zur Sensibilisierung für Frauenrechte in Afrika. Die derzeitige Lage der Frauenrechte in Afrika ist besorgniserregend, insbesondere im Hinblick auf Fortschritte und bestehende Einschränkungen. Die Teilnehmer*innen teilten ihre Erfahrungen aus ihren Herkunftsländern, wie die Ideologie des Patriarchats trotz der rechtlichen Grundlagen des Maputo-Protokolls und der Afrikanischen Charta der Menschenrechte weiterhin dominiert. Faktoren wie Analphabetismus, fehlendes Bewusstsein bei gesellschaftlichen Akteuren, Korruption und die Schwäche konkreter Initiativen afrikanischer Staaten sind die häufigsten Hindernisse für die Durchsetzung von Frauenrechten in Afrika.

Darüber hinaus wurde der Einfluss von Frauen in der Diaspora als Vorbilder für Emanzipation und Erfolg für junge Mädchen auf dem Kontinent betont, um Bewusstsein zu schaffen und ihnen die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die ihnen fehlen. Besonders wichtig ist es, diejenigen zu erreichen, die in abgelegenen Gegenden leben und von ihren eigenen Gesellschaften unsichtbar gemacht wurden.

Archiv- und Wandgemäldeausstellung

Die Archivmaterialien stammen aus der 22-jährigen Arbeit von W.I.E.&F im Rahmen der Kampagne „Keine Lager für Frauen und Kinder, alle Lager abschaffen“. Die ausgewählten Materialien zeigten deutlich, wie Women in Exile gegen Lager für Frauen und Kinder gekämpft haben. Dies wurde durch Demonstrationen, vorgelesene Reden bei Demos und transkribierte Diskussionen veranschaulicht. Es gab ein Zine, das einen Überblick über die Materialien sowie die transkribierten Reden bot. Im Zine sind Sätze hervorgehoben, um den Worten und ihrer Bedeutung das nötige Gewicht zu verleihen.

Das Wandgemälde stammte von einer der internationalen Gäste, Vicky Shahjehan, einer trans/nicht-binären autodidaktischen Künstlerin aus dem Stadtteil Slave Island in Colombo, Sri Lanka. Vicky ist für ihre Arbeit mit Henna bekannt und nutzt dieses Medium, um Geschichten zu archivieren und Themen rund um Feminismus, Gender und Freiheit zu beleuchten. Sie ist derzeit auch Botschafterin des Fearless Collective und arbeitet an

mehreren Wandgemälden. Dabei gibt sie marginalisierten Gemeinschaften eine Stimme, repräsentiert ihre Identitäten und thematisiert die wesentlichen Herausforderungen, mit denen diese Gemeinschaften konfrontiert sind.

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