Wir dokumentieren hier einen unserer Redebeiträge zu unserer Demonstration am 7.3.15 und zur Demonstration am 8.03.15 in Berlin:
Übrigens: Auch PRO ASYL und die Wohlfahrtsverbände üben scharfe Kritik am Gesetzentwurf “zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung”, um den es hier geht. Wir bitten alle, sich an der E-Mail-Protestaktion von PRO ASYL zu beteiligen.
Seit Monaten demonstrieren an vielen Orten in Deutschland breite Bündnisse aus zivilgesellschaftlichen Gruppen gegen Pegida und Rassismus. Es ist ermutigend dass viele Menschen ihre Solidarität mit Flüchtlingen deutlich machen, indem sie gegen Rassismus auf die Straße gehen oder sich in Initiativen zur Unterstützung von Asylsuchende engagieren.
„Flüchtlinge willkommen“ darin scheinen sich viele Menschen, quer durch fast alle Parteien einig zu sein. Aber was heißt das konkret? Wie können sich Flüchtlinge willkommen fühlen, wenn ihr Alltag von der Ausgrenzung in Sammelunterkünften, von rassistischen Sondergesetzen wie dem Asylbewerberleistungsgesetz und der Angst vor Abschiebung bestimmt ist? Wie können sich Flüchtlingsfrauen sicher fühlen, wenn sie schutzlos in angelegenen Sammelunterkünften leben müssen?
Wir meinen, wer sich für den Schutz von Flüchtlingen vor rassistischer Gewalt und für den Schutz von Flüchtlingsfrauen vor patriarchaler Gewalt einsetzt, sollte auch gegen abgelegene Sammelunterkünften protestieren, in denen asylsuchende Frauen besonders angreifbar sind.
Und wer dazu beitragen möchte, dass Flüchtlinge sich willkommen fühlen, darf zu Gesetzen, die ihnen ihre elementarsten Menschenrechte und ihr Recht auf Schutz absprechen, nicht schweigen. Denn rassistisches Gedankengut, finden wir in vielen Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland, die das Ziel haben, Flüchtlinge von der Einreise nach Deutschland abzuhalten oder sie zum Zurückkehren zu zwingen.
Zum Beispiel im Gesetzentwurf „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“, die umfassendste Verschärfung des Asylrechts seit 1993:
Angekündigt war der Gesetzentwurf als „stichtags- und altersunabhängige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete“. Aber, nur ein kleiner Teil der langjährig Geduldeten wird über die neue Bleiberechtsregelung einen sicheren Aufenthalt bekommen können. Das Ministerium schätzt ihre Zahl auf 30.000. Die meisten Geduldeten, etwa 80.000 Menschen, werden keine Chance auf ein Bleiberecht haben. Im Gegenteil, ihr Leben bleibt unerträglich, um sie zur „Mitwirkung“ bei der eigenen Abschiebung zu erpressen. Sie werden mit Arbeitsverbot, „Residenzpflicht“ und gekürzten Sozialleistungen schikaniert und müssen oft viele Jahre in Lagern wohnen.
Dieses Gesetz ist ein Instrument, das Flüchtlinge spalten soll: In die „Guten“, die schon arbeiten, integriert sind und dem Staat nützen und in die „Schlechten“, die sich weigern, bei ihrer Abschiebung zu kooperieren. Sie werden mehr als bisher unter Druck gesetzt: Wer, so steht es im Gesetzesentwurf, seinen „Mitwirkungspflichten zur Feststellung der Identität“ nicht nachgekommen ist, kann in Abschiebungshaft genommen werden.
So werden Asylsuchende nach Nützlichkeitskriterien sortiert: Türen auf für Jugendliche und Hochqualifizierte, Grenzen dicht für alle anderen. Asylsuchende Frauen haben in diesem unfairen Auswahlsystem schlechte Karten. Denn sie haben in vielen Ländern der Welt wenig Zugang zu Bildung und bringen deshalb selten für die deutsche Wirtschaft attraktiven Qualifikationen mit. Ihnen bleibt oft nur, sich als Mutter von deutschen Kindern nützlich zu machen.
Deutschland will dicht machen und schneller abschieben.
Asylsuchenden, die über ein anderes EU-Land eingereist sind, droht aus den absurdesten Gründen Abschiebehaft: Zum Beispiel wer mit Hilfe eines Schleusers eingereist ist oder wem unterstellt werden kann, Identitäts- oder Reisedokumente vernichtet zu haben… Absurd, denn es gibt keine legalen Wege zur Einreise und wer gezwungen ist mit mit gefälschten Papieren zu reisen, wird diese natürlich nicht aufbewahren. Außerdem kann bis zu vier Tage Abschiebehaft verhängt werden, ohne dass überhaupt Gründe dafür vorliegen müssen. Auch eine Verschärfung des Ausweisungsrechts und Wiedereinreisesperren hält der Gesetzentwurf bereit.
Aber noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, am 24.4. findet im Bundestag die zweite Lesung statt und am 12.6. steht es zum zweiten Mal im Bundesrat auf der Tagesordnung. Erst danach kann es in Kraft treten. Es bleibt also noch Zeit unseren Protest dagegen auf die Straße zu tragen: Für eine menschenwürdige Asylpolitik! Für ein Bleiberecht für langjährig Geduldete, ohne Ausschlussgründe und für alle!