Wir dokumentieren hier unseren Redebeitrag zur Demo am 5.12 vor dem Bundesrat:
Ein Bericht über die Demo und weitere Redebeträge hier: Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg
Vor wenigen Wochen haben wir hier demonstriert weil der Bundesrat das Gesetz, mit dem Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt wurden, verabschiedet hat.
Wir waren empört, dass auch Baden-Württemberg, eine Landesregierung, in der Bündnis 90/DIE GRÜNEN mitregiert, dem Gesetz zugestimmt haben. Getauscht wurde diese Zustimmung gegen ein paar Zugeständnisse bei der Residenzpflicht und beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende.
Wir alle, Flüchtlinge und MenschenrechtsaktivistInnen, haben dieses Feilschen um unsere Menschenrechte als menschenverachtend abgelehnt.
Und wir sind wütend darüber, dass auch bei der Verabschiedung der Novelle des Aslybewerberleistungsgetzes wieder gedealt wurde.
Inzwischen sind die Gesetze, die es uns erlauben sollen früher zu arbeiten, in Kraft getreten: Wir dürfen jetzt theoretisch nach drei Monaten arbeiten, aber nur dann wenn niemand anderes, der schon eine Arbeitserlaubnis hat, den Job will. Eine allgemeine Arbeitserlaubnis ist das nicht, sondern oft genug, vor allem da wo es viele andere Arbeitslose gibt, ein Arbeitsverbot.
Wir wollen euch nicht mit Details langweilen, aber eines ist interessant: Auch den Arbeitgeberverbänden gehen diese Erleichterungen für die Arbeitsaufnahme nicht weit genug. Sie fordern, dass Asylbewerber nach sechs Monaten bei der Jobsuche gleichberechtigt sein sollen, Geduldete sofort. Und abgelehnte Asylbewerber sollten vor einer Abschiebung in ein legales Einwanderungsverfahren wechseln können, wenn es ein Jobangebot gibt.
Haben wir plötzlich Verbündete in der Wirtschaft? Nein, das Statement der Arbeitgeberverbände macht nur deutlich, worum es eigentlich bei den neuen Regelungen, auch bei der jetzt beschlossenen Bleiberechtsregelung geht:
Asylsuchende werden nach Nützlichkeitskriterien sortiert: Türen auf für Jugendliche und Hochqualifizierte, Grenzen dicht für alle anderen.
Sogar auf das Asylanerkennungsverfahren haben die ökonomischen Interessen Deutschlands Einfluss: Für syrische Flüchtlinge gibt es jetzt ein Schnellverfahren, das ihren Asylantrag als „offensichtlich begründet“ annimmt. Das ist eine gute Regelung, aber warum gibt es sie nicht auch für Kriegsflüchtlinge aus dem Tschad, dem Sudan oder aus dem Kongo? Ganz einfach: Ein hoher Anteil der syrischen Flüchtlinge hat eine akademische Ausbildung. Asylanträge von Roma-Flüchtlingen vom Balkan werden nun pauschal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Sie werden in ihren Herkunftsländern vom Bildungssystem ausgegrenzt, und bringen deshalb keine für die deutsche Wirtschaft attraktiven Qualifikationen mit.
Asylsuchende Frauen haben in diesem unfairen Auswahlsystem schlechte Karten: Denn sie haben in vielen Ländern der Welt wenig Zugang zu Bildung. Ihnen bleibt oft nur, sich als Mutter von deutschen Kindern nützlich zu machen.
Ob Arbeitsverbote oder Integration, Flüchtlingsschutz oder Abschiebung, Abschiebehaft oder Bleiberecht. Das ganze deutsche Asylsystem spaltet Flüchtlinge und MigrantInnen:
Wo früher alle Flüchtlinge und MigrantInnen entrechtet waren, gibt es jetzt ein Aufenthalts- und Asylrecht, das nach hierarchischen Kategorien sortiert: „Nützliche“ MigrantInnen, die integriert werden können, „richtige Flüchtlinge“, die zumindest vorübergehend Schutz brauchen und vermeintliche „AsylbetrügerInnen“ werden in verschiedene Schubladen sortiert. Gleichzeitig haben zahlreiche Entrechtungen und Sondergesetze für Asylsuchende auch das Ziel, sie von anderen Teilen der Zivilgesellschaft abzuspalten.
Dem setzen wir transnationale Solidarität entgegen.
Wir Flüchtlinge lassen uns nicht spalten in richtige und falsche Asylsuchende, in erwünschte und unerwünschte Asylsuchende. Wir haben alle ein Recht auf Schutz und auf ein menschenwürdiges Leben.
Wir, Aktivistinnen und Aktivisten mit oder ohne Fluchthintergrund halten zusammen und bekämpfen diese rassistischen Gesetze zusammen.